Im Rahmen des laufenden Projekts über Circular Economy in der Bauindustrie, in Zusammenarbeit mit dem EIT Climate-KIC, sprach Circular Berlin mit Alexandra Decker von CEMEX Deutschland über die Herausforderungen und Chancen der Kreislaufwirtschaft in der Baustoffindustrie.
Alexandra Decker ist bei CEMEX Deutschland für den Bereich Public Affairs zuständig. Für das Unternehmen beobachtet und schätzt sie die Chancen und Gefahren sozial relevanter Themen ein. Außerdem hält Alexandra die Verbindung zu den Stakeholdern aus Politik und Wissenschaft.
Es ist eine gekürzte Version des Artikels. Das vollständige Interview wird vom Recycling Magazine veröffentlicht.
Was ist Kreislaufwirtschaft im Bauwesen und an welchen Stellen werden rezyklierte Baustoffe verwendet?
2014 gab es 202 Millionen Tonnen Bauabfälle. Davon sind 118 Millionen Tonnen Bodenaushub, der zu 86 Prozent wiederverwertet wird, indem er für den Unterbau von Straßen, Wegen und Plätzen verwendet wird. Von den verbleibenden 84 Millionen Tonnen werden 95 % recycelt. Diese sehr hohe Quote ist zunächst ein gutes Ergebnis, die Bemühungen, diese Quote noch zu erhöhen, zeigen sich an verschiedenen Stellen.
Es gibt viele Stellschrauben für die Baustoffindustrie, um den CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Die energieintensive Herstellung von Zementklinker bei CEMEX Deutschland wird derzeit zu durchschnittlich 70 % mit Alternativbrennstoffen statt fossiler Brennstoffe betrieben, eine Erhöhung dieses Anteiles bis zu 100 % wird demnächst möglich sein. Wir arbeiten auch an Abwärme-Projekten, um in nahegelegenen Wohngebieten Wärmeversorgung sicherzustellen. Außerdem haben wir eine Machbarkeitsstudie für unser Zementwerk in Rüdersdorf in Auftrag gegeben, die die technischen Möglichkeiten des Carbon Capture Utilisation bzw. Storage auslotet. Ziel ist es, das zwangsweise anfallende CO2 gar nicht in die Atmosphäre zu emittieren, sondern weiter zu verwenden bzw. langfristig zu lagern.
Inwieweit ist Kreislaufwirtschaft im Bauwesen realisierbar? Was sind aktuelle Anwendungen und Einschränkungen?
Wir nehmen das sehr ernst. Gerade Nachhaltigkeit ist für CEMEX ein sehr wichtiges Thema. Beton wird oft als grau und nicht nachhaltig abgestempelt während Holz als grün und umweltfreundlich hervorgehoben wird – dabei ist das gar nicht so. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes und zieht sowohl die regionale Verfügbarkeit des Materials als auch das Recyclingpotential in Betracht, dann spricht das Ergebnis für den Baustoff Beton. Für das weitere Wachstum der Metropolen in den nächsten Jahren brauchen wir Beton und wollen die eindeutigen Vorteile bei der Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien auch erkennbar machen.
Wir haben zwei Projekte mit rezyklierter Gesteinskörnung umgesetzt, weil das in der Ausschreibung gewünscht war:
Das Rhoda-Erdmann-Haus der Humboldt-Universität im Jahr 2016. Hier wurde zum ersten Mal in Berlin ein ressourcenschonender Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung als Konstruktionsbeton im Hochbau verwendet.
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft. CEMEX Deutschland produzierte einen Konstruktionsbeton mit rezyklierter Gesteinskörnung.
Wie können nächste Schritte und Lösungen für die Kreislaufwirtschaft 2.0 im Bauwesen aussehen?
Materialverwendung: Bei den rezyklierten Gesteinskörnungen müssen Wege gefunden werden, wie der im gebrochenen Material vorhandene Zement optimal genutzt werden kann. Im Idealfall muss nur sehr wenig oder kein Zement mehr beigefügt werden. Das wäre ein echter Durchbruch.
Materialfluss: An anderer Stelle ist die langfristige Vision, das CO2 aus der Zementherstellung nicht zu emittieren, sondern aufzufangen und zu verwerten. Die derzeit ernsthaft überlegten Verwertungswege benötigen allerdings erhebliche Mengen elektrischer Energie. Um das Ziel des Klimaschutzes zu erreichen, muss das grüner Strom sein. Ein Gedanke ist, Prozessabwärme zu nutzen, um so daraus Wasserstoff und letztlich künstliches Methan produzieren zu können.
Veränderungsbereitschaft: Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Veränderungsbereitschaft unserer Kunden und deren Planer. Gemeint ist damit, dass die Nachfrage nach rezyklierten Baustoffen und CO2-armen Baustoffen offensiv angekurbelt werden muss. So wollen wir erreichen, dass CEMEX frühzeitig an Entwicklungen teilnehmen kann. In der Reaktion auf fixierte Merkmale in standardisierten Ausschreibungen sind wir gut und haben reichlich Erfahrung. Dass ist jedoch nicht genug, um die Bauwirtschaft in dem hier besprochenen Sinn zu entwickeln.
Zusammenarbeit: Mein Wunsch ist es: Bringt die Baustoffbranche mit den Architekten und Planern zusammen, um gemeinsam Lösungen zu finden und umzusetzen. Wir reden zu wenig miteinander. Mit dem Baustoffhersteller redet man nicht oder erst ganz zum Schluss. Dabei sollte der Baustoffhersteller von Anfang an in den Prozess einbezogen und wahrgenommen werden – als jemand, der intensiv an Lösungen forscht und somit Pacemaker sein könnte. Der Wunsch geht auch an die Politik: Geben Sie durch Flexibilität Raum zur Entwicklung nachhaltiger Baustoffe
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Erfahren Sie mehr über Circular Economy in der Bauindustrie in Deutschland und lesen Sie den vollständigen Bericht “Berlin´s Circular Construction Ecosystem”.
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Marina Petrova, Communications & Circular Built Environment marina@circular.berlin
Georg Hubmann, Circular Built Environment georg@circular.berlin