Die Europäische Kommission veröffentlichte Anfang 2020 einen „Neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“, ein zentraler Baustein des European Green Deal. Mit Maßnahmen und Regelungen die sich über den gesamten Lebenszyklus von Produkten erstrecken – vom Design über die Herstellung bis zum Verbrauch – soll der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft beschleunigt werden. Eine nachhaltigere Produktpolitik soll gewährleisten, „dass […] Produkte so konzipiert sind, dass sie über eine längere Lebensdauer verfügen, leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können und einen größtmöglichen Anteil recycelter Materialien statt Primärrohstoffe enthalten.“ (Quelle). Dabei konzentrieren sich die Maßnahmen auf Sektoren mit besonders großem Ressourcenverbrauch wie Textilien, Bauwesen und Gebäude, Elektronik sowie Lebensmittel.
Am 30. März dieses Jahres legte die EU-Kommission dazu ein Maßnahmenpaket nach. Kernstück ist der im Rahmen der Initiative für nachhaltige Produkte ausgearbeitete Vorschlag zur Einführung einer neuen Ökodesign-Verordnung. Geplant ist einerseits die Erweiterung der bislang geltenden Ökodesign-Richtlinie um Anforderungen, die nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die Kreislauffähigkeit und die Verringerung der Umwelt- und Klimaauswirkungen fördern. Andererseits soll die Richtlinie auf nahezu alle in der EU angebotenen Güter ausgeweitet werden. So könnten in Zukunft auch für Textilien, Möbel und Bauprodukte bestimmte ökologische Mindeststandarts hinsichtlich ihrer Lebensdauer, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit gelten. Gleichzeitig sollen alle unter die Verordnung fallenden Produkte mit digitalen Produktpässen versehen werden, die Informationen über die materielle Zusammensetzung und Beschaffenheit enthalten. Dies führt zu mehr Transparenz entlang der Lieferkette und soll das Reparieren und Recycling von Gütern erleichtern.
Neben neuen Ökodesign-Anforderungen und der Einführung von digitalen Produktpässen sollen u.a. verbindliche EU-Regelungen für eine erweiterte Herstellerverantwortung dazu beitragen, die Lebensdauer von Textilien zu verlängern und somit gegen „Fast-Fashion“ anzugehen. Entsprechend sollen Unternehmen Verantwortung für die Nachnutzungsphase, d.h. für eine fachgerechte Sammlung, Sortierung und Entsorgung bzw. das Recycling ihrer Produkte übernehmen. Auch beinhaltet das Paket Vorschläge zur Stärkung der Position von Verbrauchern und Verbraucherinnen. Damit fundierte Kaufentscheidungen getroffen werden können, soll der Zugang zu umweltrelevanten Produktinformationen erleichtert werden. Zudem will die Kommission „Greenwashing“ verbieten. Vage Produktangaben wie „grün“ und „umweltfreundlich“ bedürfen zukünftig Nachweispflichten, sollten sich die Vorschläge durchsetzen (Quelle).
Darüber hinaus hat sich die EU-Kommission dazu verpflichtet noch dieses Jahr einen Gesetzesvorschlag zum „Recht auf Reparatur“ vorzulegen (Quelle). VerbraucherInnen sollen die Möglichkeit haben, ihre Produkte selbst zu reparieren oder sie von Drittanbietern reparieren zu lassen. Dafür müssen Produkte so gestaltet werden, dass ihre Einzelteile leicht zugänglich und ausbaubar sind. VerbaucherInnen und Reparaturbetriebe sollen kostenlosen Zugang zu den erforderlichen Reparatur- und Wartungsinformationen erhalten. Das EU-Parlament hat hierzu bereits einen Entschließungsentwurf eingebracht, um die bevorstehende Gesetzgebung zu beeinflussen.Umweltverbände begrüßen das Paket. „Die EU-Kommission will den Weg für weitere Nachhaltigkeitsanforderungen an Produkte freimachen. Das ist ein richtiger Schritt“, so die BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Allerdings „gilt es zu zeigen, dass die neue EU-Initiative nicht nur zur Ressourceneffizienz beisteuert, sondern auch unseren Ressourcenhunger insgesamt verringert. Diesbezügliche Ziele auf EU- oder nationaler Ebene fehlen jedoch noch“ (quelle), führt von Broock weiter aus. Ähnliche Kritik kommt vom European Environmental Bureau: “The package is a fundamental step forward but still lacks teeth to make sustainable products the norm.” (Quelle) Möglichkeiten, schnelle Ergebnisse zu erzielen, wie etwa das Verbot unverkaufte Waren zu vernichten, seien nicht genutzt worden. Stattdessen seien wir aufgrund langer Verhandlungsprozesse noch weit davon entfernt, die Maßnahmen in die Praxis umzusetzen. Schließlich mangele es noch an verbindlichen Zielvorgaben und Konkretisierungen, die den Erfolg des Aktionsplans entscheidend mitbestimmen werden.
Der Artikel ist von Mischa Jorkowski vorbereitet.