Im Rahmen des laufenden Projekts über Circular Economy in der Bauindustrie, in Zusammenarbeit mit dem EIT Climate-KIC, sprach Circular Berlin Circular Berlin mit Stefan Schautes von HOWOGE über die Herausforderungen und Chancen der Kreislaufwirtschaft für den nachhaltigen Wohnungsbau.
Stefan Schautes ist zuständig für den Bereich Neubau und vertritt die HOWOGE als einer der Prokuristen. Seine Aufgaben reichen von der Projektentwicklung über die Planrechtschaffung, Planung und Ausführung bis hin zum Ankauf von schlüsselfertigen Immobilien und Wettbewerbsinitiierungen.
Es ist eine gekürzte Version des Artikels. Das vollständige Interview wird vom Recycling Magazine veröffentlicht.
Was bedeutet nachhaltiger Wohnungsbau und wo spielt Kreislaufwirtschaft eine Rolle?
Wir haben das erforscht: Nachhaltigkeit kostet Geld. Wir können das aber im sozialen Mietniveau unterbringen – das haben wir nachgewiesen. Solch ein Unterfangen verlangt etwas Innovationswillen und Kraft, Themen auch zu Ende zu denken. Wir wollen als Bestandshalter nachher Wohnungen vermieten, die gesund, nachhaltig und energieoptimiert sind, zu sozialen Mieten von unseren Mietern gern bewohnt werden und wollen damit trotzdem keine Verluste machen. Das bedeutet, dass wir uns frühzeitig mit innovativen Vergabekonzepten beschäftigen müssen und nicht erst abwarten, bis die Baukosten uns dazu zwingen, etwas zu machen, das wir nicht gelernt haben.
Ich nenne das eine Weitsprungdisziplin. Wir wissen, dass das Thema auf der Agenda steht und dass es irgendwann in Regelwerke mündet. Die Howoge ist nicht eine, die abwartet, bis das Regelwerk kommt, sondern wir wollen den Anlauf mitnehmen, dass wir dann auch springen können. Wenn man guten Anlauf nimmt, dann nutzen wir die Zeit bis zum Regelwerk für lernen, validieren und erste Erfahrungen machen. Dies immer zusammen mit unseren Partnern und Baufirmen.
Inwieweit ist Kreislaufwirtschaft im nachhaltigen Wohnungsbau realisierbar? Was sind aktuelle Anwendungen und Einschränkungen?
Recyclingbeton kann man an vielen Stellen verwenden, wir können Holz einsetzen, wir können lösungsmittelfreie Oberbeläge verlegen, wir können monolithisch planen und bauen und wir können Schichtenmaterialien weglassen, was die beste Lösung für den Cradle-to-cradle-Ansatz ist. Außerdem würde ich sagen, dass Vermeidung eine Strategie ist, die wir auf alle Fälle öfter bedienen sollten. Das heißt: architektonisch und städteplanerisch so clever vorzugehen, dass Lösungen keinen sinnlosen Mehraufwand erzeugen und gleichzeitig eine hohe Qualität erfüllen sowie ein gewisses Level an Behaglichkeit und Komfort.
Wir haben zum Beispiel das Thema Holz für uns entdeckt. In Adlershof haben wir mit den Holzcubes ein kleines Projekt mit 42 Wohnungen realisiert, wo Holz auch trägt. Das werden wir uns aktuell nicht leisten können, denn Holz tragend auszubilden ist kostenmäßig noch ziemlich aufwendig.
Man kann Holz millimetergenau zuschneiden, der Rohbau hat aber nach DIN drei Zentimeter Toleranzgröße und das zu organisieren kostet Geld. Wenn man dann komplett in Holz baut, wird das vermeintlich leichter, da entwickelt sich die Holzindustrie auch gerade hin. Dazu müssen und wollen wir die Nachfrage nach Holz noch verstärken, dann sollte die Bauindustrie Holz auch mehr für sich, uns und den sozialen Wohnungsbau entdecken.
Wie können nächste Schritte und Lösungen für die Kreislaufwirtschaft 2.0 im nachhaltigen Wohnungsbau aussehen?
Gemischte Nutzung: Die Howoge setzt sich für das Durchmischen der Stadt ein, um tagsüber wieder Gewerbe und Arbeitsplätze in monostrukturierten Wohngebieten zu haben, damit deren Tagesabwärme über einen Wärmetauscher abends die Wohnungen beheizen kann. Es geht beispielsweise um das Zusammenbringen unterschiedlicher Nutzungen in Nachbarschaften, um Leitungsverluste zu minimieren, sodass die Abhängigkeiten von Nachbarschaften über einen physikalischen Prozess steuerbar sind. Es geht aber auch darum, kurze Wege zwischen Wohnen und Arbeiten zu erzielen, um Mobilität effizienter zu gestalten.
Experten-Netzwerk: Die Kernakteure sind in Berlin noch ziemlich unsortiert. Wir würden es begrüßen, wenn es einen Thinktank gäbe, der das Thema Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie nicht nur theoretisch aufgreift, sondern Vielen und Vielem einen Mehrwert gibt, wenn wir gemeinsam in die Anwendung kommen. Es geht nur gemeinsam, der Gesetzgeber kann Möglichkeiten und Fokussierung schaffen.
Circular Economy als Triebfeder: Ich wünsche mir außerdem, dass wir die Möglichkeit oder die Chance erkennen, dass durch zirkuläres Bauen auch eine wirtschaftliche Triebfeder entsteht. Jeder sollte anfangen, in Architekturbüros die Mitarbeiter auf cradle-to-cradle zu schulen. Die Bauindustrie sollte sich auf den Weg machen andere Bezugsquellen zu identifizieren als das seit zehn Jahren gute Betonwerk, wenn es sich nicht mit Recyclingbeton beschäftigt. Da wünsche ich mir eine Offenheit und eine Erkenntnis, dass das auch wirtschaftliche Vorteile haben wird oder, dass einfach ein Angebot entsteht, auf das es eine Nachfrage generiert.
Zusammenarbeit: Abschließend sollten wir gemeinsame Ziele definieren und begreifen, dass das nur kooperativ funktioniert.
Lesen Sie die vollständige Version des Interviews im Recycling Magazin.
Erfahren Sie mehr über Circular Economy in der Bauindustrie in Deutschland und lesen Sie den vollständigen Bericht “Berlin´s Circular Construction Ecosystem”.
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Marina Petrova, Communications & Circular Built Environment marina@circular.berlin